Die erste Friedrichssegner Schule

Das Studium der zweibändigen Schulchronik der Friedrichssegener Schulen ab dem Bau der 1. Schule in der Wohnanlage Tagschacht, im Jahre 1870, zeigt, dass dieses Kapitel unseres Bergbaudorfes Friedrichssegen nicht in der allgemeinen Schilderung der sehr interessanten Geschichte von Friedrichssegen eingebunden werden sollte.

Diese Geschichte der Friedrichssegener Schulen ist von Anfang an meine Besondere, die auch Wert ist besonders geschrieben zu werden.

Bedenkt man, dass die Kinder vor dem 4. Januar 1871 die Schule im Nachbardorf Frücht besuchen mussten, so war es sehr großzügig von der Gewerkschaft der Grube Friedrichssegen, dass sie für die Kinder ihrer Mitarbeiter im Grubengebiet Friedrichssegen, in den Ortsteilen Kölsch Loch und Tagschacht, in denen damals die meisten Mitarbeiter der Grube Friedrichssegen wohnten, (der Ortsteil Neue Welt bestand zu dieser Zeit noch nicht), eine werkseigene Privatschule errichtete. Diese Schule war zu dieser Zeit schon etwas Besonderes und schon für 2 Klassen vorgesehen.

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So stolz war man auf die Schule am Tagschacht
Aus einer Ansichtskarte um 1900

Die Schullasten (Besoldung des Lehrers, Lehrmittel, Heizung und Instandhaltung) gingen zu Lasten der Gewerkschaft der Grube Friedrichssegen. Diese Verpflichtung ging die Verwaltung der Grube ein, weil die Stadt Oberlahnstein ihr für den Bau der Arbeiterwohnanlage Tagschacht des benötigte Land kostenlos zur Verfügung stellte.

Am 2. 10. 1869 erscheint im Lahnsteiner Anzeiger eine Notiz, wo nach die Grubengesellschaft mitteilt, dass sie für 1870 den Bau einer Schule plant. Ein Jahr später sind die Planungen abgeschlossen und man stellt am 6. 10. 1870 den erforderlichen Bauantrag. Die Hinweise hierzu sind den Akten der Privatschule an der Grube Friedrichssegen bei Oberlahnstein, Amt Braubach entnommen, die beim Hauptstaatsarchiv Wiesbaden unter Nr. 405 II, Nr. 13 776 aufbewahrt werden.

Unter dem Namen Berndenbach wird in einem Roman "Der Starke" unser Bergbaudorf Friedrichssegen in den 1920er Jahren beschrieben. u.a. erzählt ein alter Lehrer über die Schule folgendes:

"Da war es anders als heute, sauber war es durch das ganze Tälchen, blitzsauber. Das Schulhaus stand damals gerade 2 Jahre. Für die Handvoll Kinder war es ein schöner, großer Bau. Ein Lesezimmer darin, Zeichensaal, Spielzimmer, und eine stattliche Bibliothek. Kein einziges minderwertiges Buch war darunter.

Und die Lehrmittel! In der achtklassigen Großstadtschule hatten wir das nicht. - Für die Mädchen war ein Handfertigkeitssaal mit einem Dutzend Maschinen da. Alles, was verarbeitet wurde, kaufte die Grubenverwaltung, und was die Kinder fertig gemacht hatten, das nahmen sie als ihr Eigentum mit nach Hause. Für die Buben waren 2 Werkstätten da, lange ehe von Arbeitsschulen überhaupt die Rede war. Wenn ich für die Schule einen Wunsch hatte, brauchte ich ihn nur auszusprechen.

Übrigens: wir hatten auch einen Kindergarten dabei, 2 Pflegerinnen darin."

Der Unterricht begann am 4. Januar 1871 mit Herrn Lehrer Eschenröder und 43 Schülern,

wovon bis zum 1. April 1871 durch Wohnungswechsel der Eltern 3 Kinder ausschieden. Von den verbleibenden Kindern waren 4 katholisch und 36 evangelisch.

In der Folgezeit wechselten die Lehrer sehr oft, bis dann im Jahre 1887 Herr Lehrer Eckhardt an die Schule am Tagschacht der Grube Friedrichssegen berufen wurde. Im selben Jahr wurde eine Lehrgehilfenstelle an der Schule eingerichtet, die mit dem Lehrgehilfen Jakob Bruchhäuser besetzt wurde.

Die Schülerzahl war mittlerweile auf 126 Kinder angestiegen. Da der in der Schule eingerichtete Betsaal bis zu Vollendung der im Bau begriffenen Kapelle nicht als Lehrsaal benutzt werden soll, so bleibt die Schule einstweilen noch Halbtagsschule und findet der Unterricht der Oberklasse in den Vormittagsstunden, der der Unterklasse in den Nachmittagsstunden statt.

Die jährlichen Schulinspektionen durch die dafür eigens bestellten Pfarrer fanden regelmäßig und zur Zufriedenheit der Schulinspektoren und der Schulvorstände statt.

Nach den jährlichen Aktionärsversammlungen im Central-Büro der Grube besuchten die Aktionäre auch regelmäßig die Schule, die in den Ansprachen dann auch als "unsere Schule" bezeichnet wurde.

Es war guter Brauch geworden, die besten Schülerinnen und Schüler durch die Grubenverwaltung zu beschenken. In der Regel wurden je 2 Uhren für die Knaben und Broschen mit dem Bergmannsemblem Hammer und Schlägel als Geschenke für die Mädchen überreicht.

Es ist auch schon eine Nähmaschine als Geschenk übergeben worden. Die jährlichen Schulwanderungen wurden zur großen Freude der Schulkinder regelmäßig von der Verwaltung der Gewerkschaft der Grube Friedrichssegen mit Geldbeträgen bezuschusst, für die dann Speisen und Getränke für die Schulkinder unterwegs gekauft wurden. Einmal mussten die Kinder der Grube Friedrichssegen noch einmal die Schule in Frücht besuchen, weil nämlich durch die Versetzung des Lehrers Wüst die Lehrerstelle der Schule am Tagschacht von Anfang April 1877 bis zum 25. Juni 1877 unbesetzt war. Die Schule ging dann weiter mit dem neuen Lehrer Voye. Diesem Lehrer Voye wurde durch die Grubenverwaltung gekündigt, weil er sich wegen eines in einer Lahnsteiner Zeitung veröffentlichen Zeitungsberichtes, mit der Grubenleitung nicht mehr im Meinungsgleichklang befand. So kann man es aus der Schulchronik herauslesen. Aus anderen Unterlagen geht jedoch hervor, dass sich Lehrer Voye in Friedrichssegen wegen finanzieller Schwierigkeiten unmöglich gemacht hatte und mußte aus Friedrichssegen weg. Er wurde ab 1.09. 1879 nach Rod am Berg versetzt.

Der Schulinspektor, Pfarrer Wilhelmi, Braubach, nimmt Stellung bezgl. der von der Regierung angeregten Umwandlung der Schule Friedrichssegen in eine Communalschule. Dies ist sinnvoll vor dem Hintergrund, dass die Lehrer in Friedrichssegen ja im privaten Schuldienst sind und damit dort keine Pensionsrechte erwerben und auch nicht der Witwen- und Waisenkasse beitreten können.

Schon bezüglich der Einstellung des ersten Lehrers (Eschenröder) liegt in den Akten Schriftverkehr vor bzgl. der (dann auch zugesicherten) Wiedereinstellung in den Staatsdienst nach einer Zeit in Friedrichssegen. Vor dem Hintergrund der dort nicht zu erwerbenden Penionsrechte ist auch der Anfangs doch recht häufige Wechsel der Lehrer zu sehen.

Die Grubenverwaltung und die Stadt Oberlahnstein sind mit der Stellungnahme des Schulinspektors einverstanden, wobei die Grubenverwaltung zusichert, die Schule auch weiterhin zu unterhalten und behält sich das Recht vor, den Lehrer zu präsentieren und auch auszuwählen. Es hat sich also nicht viel geändert.

Am 30. September 1879 wird die Schule Friedrichssegen per Regierungsdekret von der Stadt Oberlahnstein übernommen. 1896 war die Schule wegen hier auftretender Diphteritis vom 28. Januar bis 10. Februar geschlossen.

In diesem Jahr erreichte die Schülerzahl 146. Diese Zahl wurde nie wieder erreicht. Um die Jahrhundertwende wurde die Schule am Tagschacht von 106 Kinder (davon 61 in der Oberklasse und 45 in der Unterklasse, Knaben 51, Mädchen 55, katholisch waren 45 evangelisch 61 Kinder) besucht.

Im Jahre 1912 waren nur noch 77 Kinder in der Schule. Davon waren in der 1. Klasse 28 Kinder davon 14 evangelisch (6 Knaben, 8 Mädchen) davon 14 katholisch (5 Knaben, 9 Mädchen) in der 2. Klasse 49 Kinder. davon 27 evangelisch (12 Knaben, 15 Mädchen) davon 22 katholisch (10 Knaben, 12 Mädchen).

In diesem Jahre konnten sowohl Lehrer Eckardt als auch Lehrer Bruchhäuser auf eine 25-jährige erfolgreiche Lehrtätigkeit an der Friedrichssegener Schule am Tagschacht zurückblicken.

Am 2. Mai 1912 schreibt das Lahnsteiner Tageblatt: Gestern beging Herr Lehrer Eckhardt von hier sein 25-jähriges Dienstjubiläum. Die zu Ehren des Jubilars vorgesehene kleine Feier erfolgt erst später, da Herr Eckhardt sich momentan wegen Krankheit auf Urlaub befindet. Kurz danach am 14. Mai 1912 kann man lesen: Nachdem vor einigen Tagen der 1. Lehrer der hiesigen Schule sein 25-jähriges Dienstjubiläum feiern konnte, kann am 15. Mai 1912 der 2. Lehrer, Herr J. Bruchhäuser ebenfalls auf eine 25-jährige Wirksamkeit an der hiesigen Schule zurückblicken. Eine entsprechende kleine Feier findet noch statt. Wir gratulieren.

Friedrichssegen, den 23. Mai 1912

Am 1. bzw. 15. Mai d. J. konnten die hiesigen beiden Herren Lehrer Eckhardt und Bruchhäuser auf eine 25-jährige Tätigkeit an unserer Volksschule zurückblicken. Anlässlich dieser Feier brachte der hiesige Gesangverein "Eintracht" den beiden Jubilaren ein Ständchen nebst Fackelzug. Der Verein brachte einige Lieder recht klangvoll zu Gehör. Der Schriftführer des Vereins hielt eine kleine Ansprache und gedachte hierbei insbesondere der Anhänglichkeit zwischen den früheren und den jetzigen Schülern sowohl, wie auch sämtlichen Einwohnern Friedrichssegens zu den Herren Lehrern.

Herr Lehrer Eckhardt dankte auch in Namen seines Kollegen für die erwiesene Ehre und brachte in seiner weiteren Rede zum Ausdruck, dass seit 1870 an der bestehenden Schule bereits 6 Kollegen gewirkt hätten und es ihm und seinem jetzigen Kollegen vergönnt gewesen sei 25 Jahre ununterbrochen hier zu amtieren.

Nachdem auch Herr Lehrer Bruchhäuser noch einige Worte zu den Anwesenden gesprochen hatte, setzte sich der Zug wieder in Bewegung und marschierte nach dem Kasino "Glück auf", wo man sich noch einige Stunden gemütlich beisammen fand.

Schon ein Jahr später, nach 26 Jahren verließ Herr Lehrer Bruchhäuser die Schule in Friedrichssegen. Er wurde nach Nied bei Frankfurt a. M. versetzt. Die 2. Lehrerstelle war aus bekannten Gründen aufgehoben worden. Die Elementarschule Friedrichssegen war am 14. August 1913 ein Tagesordnungspunkt der Stadtverortnetenversammlung Oberlahnstein.

Das Lahnsteiner Tageblatt schreibt aus dieser Versammlung:
3. Elementarschule Friedrichssegen
Die jetzt in Konkurs geratene Gesellschaft war verpflichtet, die Schule auf ihre Kosten zu unterhalten. Die Unterhaltung der Schule, die dem Schulverband Oberlahnstein angehört, liegt nun diesem ob.

Zur Zeit unterrichtet eine Lehrkraft etwa 40 Kinder, welche jedoch bei Auflösung der Schule genötigt wären, die nächstliegenden Volksschulen zu besuchen. Von nun an versah Herr Lehrer Eckhardt den Schulunterricht alleine.

Allerdings war die Schülerzahl 1913 auf 57 Kinder zurückgegangen. Die vor geschilderte Zeit weißt sicherlich nichts bedeutendes auf, es sei denn, dass sich unsere Schule am Tagschacht glücklich schätzen konnte, zwei so gute Pädagogen gehabt zu haben, die so lange zum Besten unseres Bergbaudorfes Friedrichssegen zusammenarbeiten konnten.

Dabei muss auch noch erwähnt werden, dass beide Herren sich auch außerhalb der Schule in vorbildlicher Weise im Vereinsleben verdient gemacht haben.

Erste Schwierigkeiten bei der Schule am Tagschacht brachte die Erteilung des Religionsunterrichtes für die katholischen Kinder. Durch den Weggang des Herrn Bruchäuser, der ja diesen Religionsunterricht bisher erteilte, musste jetzt eine andere Lehrkraft hierfür eingesetzt werden.

Die Schulbehörde bestimmte hierzu einen Lehrer aus Oberlahnstein, Herrn Fackelmeyer.

In der Schulchronik steht dazu zu lesen: "Vorläufig wird der Religionsunterricht in einer leer stehenden, zur alten Gasanstalt, gehörenden Wohnung abgehalten."

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Hier kam man wohl dem Lehrer Fackelmeyer entgegen, damit er nicht den weiten Weg bis zur Schule am Tagschacht zurücklegen musste. Aber dies war schon der Anfang der Schulmisere in Friedrichssegen. Die Bergwerks AG ging am 16. Juli 1913 in Konkurs. Dieser Umstand, der sich auch für die Schule, die Eigentum der Grube gewesen war, nachteilig auswirkte und der dann ausbrechende 1. Weltkrieg im Jahre 1914, brachten doch große Schwierigkeiten mit sich.

So litten vor allem die Kinder unter den kriegsbedingten Änderungen des normalen Lebens und Wohnens. Es gab damals die berüchtigten Rübenwinter, so genannt, weil oft außer Rüben wenig oder nichts zu Essen da war, die Bekleidung und auch besonders das Schuhwerk ließ viel zu wünschen übrig. Im Kriegsjahr 1916 gingen noch 39 Schüler hier zur Schule. Zur 5. Kriegsanleihe zeichneten diese Kinder 210 M.

Des Öfteren fiel wegen Einquartierung von Soldaten die Schule aus. Im letzten Kriegsjahr (am 9. 02. 1918 ) übernahm die Stadt Oberlahnstein die Schule in Friedrichssegen. Diese war zwischenzeitlich im Wege des noch immer nicht abgeschlossenen Konkursverfahrens verkauft worden. Der Käufer machte aus der Schule eine Gastwirtschaft.

So sah sich die Stadt Oberlahnstein gezwungen, einen anderen Schulraum herzurichten.

Die anderen Schulen

Ab dem 10. 02. 1918 war dann die Schule in eine umgebaute Wohnung in der Neuen Welt verlegt worden. Es war dies die erste Wohnung im ersten Gebäude aus Richtung Ahl. Im Emser Tageblatt vom 13. und 14. März 1919 findet man eine Meldung "Lehrer Eckhardt versetzt nach Diez". Diese Versetzung war - wie etliche andere, u. a. auch nach Diez und Braubach, geplant, wurde aber nicht verwirklicht, da sich Lehrer Eckhardt stets weigerte. Grund für die steten Weigerungen war, dass er mit der Grube verwachsen war. Das dies der Fall war, geht auch aus den schriftlichen Äußerungen in der Schulchronik anlässlich seiner Pensionierung im Jahre 1924 hervor; sie werden aber auch von seinem Enkel Günter Zobel, der ja auch Lehrer war, wie seine Mutter, die Tochter von Herrn Eckardt, bestätigt.

Das Schuljahr 1920 begann mit 52 Schülern:

I. Oberstufe: Knaben 9, (rk 3, ev 6)
Mädchen 7, (rk 3, ev 4)

II. Mittelstufe: Knaben 6, (rk 2, ev 4)
Mädchen 7, (rk 6 ev 1)

III. Unterstufe: Knaben 15, (rk 9 ev 6)
Mädchen 8, (rk 6 ev 2)

Während des Sommers erhöhte sich durch Zuzug die Zahl der Kinder noch um 8, so das sie am Schluss des Sommerhalbjahres 60 betrug. Unter den zugezogenen waren wieder zwei ausgewiesene Lothringer, die weder deutsch noch französisch konnten. Es musste deshalb noch eine zweite Aufnahmeklasse errichtet werden. Dazu kamen noch die vielen Versäumnisse, deren Ursache hauptsächlich in dem schlechten Gesundheitszustand der Kinder zu suchen ist. Auch in hiesiger Schule zeigen sich die Kriegsfolgen und erschweren die Arbeit so sehr, dass man mutlos werden könnte. Die Schülerzahl betrug Anfang April 1921 59 Schulkinder. Bis zum 31. 10. 1921 gingen alle schulpflichtigen Kinder aus Friedrichssegen in die "Behelfsschule" in der Neuen Welt. Die Wohnungsnot in Oberlahnstein nach dem 1. Weltkrieg führte dazu, dass die Gebäude am Tagschacht von den Erwerbern der Konkursmasse durch die Stadt Oberlahnstein aufgekauft wurden um sie wieder notdürftig instand zusetzen. Nachdem dies geschehen war, wurde mit der Wiederbesiedelung der Wohnanlage Tagschacht begonnen.

 Die Wiederbesiedelung des Tagschachtes brachte es mit sich, dass allein in den Monaten April bis September 1921 33 Schüler in die Schule in der Neuen Welt aufgenommen werden mussten. Die Schülerzahl betrug nach dem Weggang von 3 Schülern im September 1921 89. Leider fehlt es nun an einem passenden Schulhaus, das am Tagschacht gelegene ist ja in Privatbesitz übergegangen. Bereits seit Mai 1921 werden Beratungen gepflogen, Vertreter der Regierung waren schon am 9. Mai 1921 hier, aber zu einem endgültigen Entschlusse ist es bis jetzt nicht gekommen. Im Laufe des Sommers genügte der kleine Schulsaal nicht mehr für Halbtagsunterricht, und es mussten die drei Stufen gesondert unterrichtet werden, Oberstufe von 7 - 10 Uhr, Mittelstufe von 10 - 12 Uhr und Unterstufe von 1 - 3 Uhr. Am 1. November wurde die 2. Stelle, die am 1. April 1913 einging, wieder neu errichtet. Inhaber ist Herr Hugo Heep. Wegen des mangelnden Schulgebäudes ist zum selben Zeitpunkt vorläufig eine 2. einklassige Schule am Tagschacht eingerichtet worden. Die Schulkinder aus den Ortsteilen Ahl und Neue Welt besuchen weiter die Schule im Ortsteil Neue Welt während die Schulkinder der Ortsteile Kölsch Loch und Tagschacht die in der Gastwirtschaft (alte Schule) eingerichtete Schule am Tagschacht besuchen. Weitere 15 Schüler derselben sind neu zu gezogen. Somit beträgt die Gesamtzahl der Schule am Tagschacht 47 Schüler.

Der evangelische Religionsunterricht wurde für die evangelischen Kinder beider hiesigen Schulen in der Schule in der Neuen Welt, der für die katholischen Kinder beider Schulen in der Schule am Tagschacht erteilt. Dazu mussten die Schulkinder einmal die Woche den weiten Weg von und zum Kölsch Loch/Tagschacht und in die Neue Welt marschieren. Am 7. und 9. Januar 1922 sowie am 21,22, und 23 April 1922  musste in der Schule am Tagschacht der Unterricht wegen der Theaterproben des Gesangvereins "Maienblüte" ausgesetzt werden. Die Verhandlungen behufs eines Schulneubaus/Einrichtung einer Schule in einem der vorhandenen Gebäude sind noch zu keinem Abschluss gekommen. Im Laufe des Jahres 1922 nahm in der Neuen Welt die Schule ihren geregelten Gang. Von der Schule am Tagschacht ist dagegen mehr zu berichten:

Das Schuljahr 1922/1923 war in der Schule "Am Tagschacht" reich an Zwischenfällen und Erlebnissen, die in keiner Schule vorkommen. Der Grund dafür ist nur darin zu suchen, dass immer noch kein Schulhaus gebaut und die Schule in einer Gastwirtschaft untergebracht ist. Zur Kirmes musste die Schule Samstag, 15.6. und Montag und Dienstag 17. und 18. 6. geschlossen bleiben, weil Tanzmusik im Saale abgehalten wurde. Zweimal wurde im Schulschrank ein Einbruch verübt, der in erster Linie der Versäumnisliste galt, die beide Male mitgenommen wurde. Die Polizei hat sich, trotzdem der Fall jedesmal gemeldet wurde, nicht um die Sache gekümmert. Was die Schulversäumnisse angeht, so betragen diese 30 bis 40 %. Die Eltern schicken ihre Kinder tagelang auf die Landorte zum Betteln, und schwer beladen kehren diese am Abend manchmal auch erst nach Tagen zurück. Ende Januar trat sehr starker Regen ein, der dem Eigentümer des Schulhauses den Keller unter Wasser setzte. Er half sich und lagerte seine Kartoffeln, Bierflaschen und dergl. in den Schulsaal um, so das die Schule wiederum 3 Wochen unfreiwillige Ferien hatte. Bei mehreren "Theaterfestlichkeiten" - es ist wirklich notwendig, das Wort zu ironisieren - brauchte man ebenfalls den Schulsaal, und 3 bis 4 Tage waren dann der geringste Schulausfall. Man wird sich wundern, dass die Stadtverwaltung das zuließ.

Aber das Kuriosum verdient hier vermerkt zu werden:

In dem mit der Stadt abgeschlossenen Mietvertrag des Wirtes steht ausdrücklich, dass der Eigentümer jederzeit über den Saal zu seinen Zwecken verfügen kann, ja städtische Arbeiter müssen die Bänke ins Freie tragen, die dann mitunter in Regen- und Schneewasser stehen und weitere 2 bis 3 Tage erst wieder getrocknet werden müssen. Durch die unentschuldigten Versäumnisse ergeben sich andauernd Differenzen mit den Eltern, die dann vielfach in Beleidigungen und Bedrohungen gegen den Lehrer ausarten. Die Folgen bleiben nicht aus, und in vergangenen Jahren musste der Lehrer viermal beim Schöffengerichte Niederlahnstein Schutz suchen.

Am 10. April 1923 begann das Schuljahr 1923/1924 in der Neuen Welt. Am "Tagschacht" war infolge Mietstreitigkeiten zwischen der Stadt und dem Eigentümer des Lehrsaals die Schule bis zum 7. Mai ausgesperrt. Auch das Winterhalbjahr konnte in der Schule am "Tagschacht" nicht rechtzeitig beginnen. Statt am 11. Oktober nahm hier der  Unterricht erst am 7. November seinen Anfang. Am Ende der Ferien erst ordnete die Stadtverwaltung das Weißen des Schulsaals und Aufstellung eines neuen Ofens an. Durch verspätete Kohlenlieferung und Abhaltung von Tanzmusik im Lehrsaale fielen noch mehrere Tage während des Winters aus. Es wäre endlich an der Zeit, dass die Missstände, die dem Lehrer die Schulfreude rauben, aufhörten. Ende Januar wurde wieder einmal der Schulschrank geplündert. Die sogleich erbetene Polizei meldete sich erst nach 5 Wochen.

Seit Oktober 1923 findet im Schulsaal am Tagschacht alle 14 Tage katholischer Gottesdienst statt. Herr Präfekt Terres versieht den Dienst. Für die evangelischen Bewohner hält von September bis April Herr Pfarrer Steinmetz - Frücht - an 2 Sonntagen Gottesdienst.

"DAS KIRCHLEIN AUF STOLZEN BERGESHÖHN ABER STEHT VERÖDET; SEIN SCHLANKER TURM MAHNT UMSONST: HIER IST DIE STÄTTE, WO DU ANBETEN SOLLST"

Dieser, im Interesse seiner Schüler  streitbare Lehrer schreibt dann zum Abschied aus dem Schuldienst am 31. 3. 1924:

"Für mich, Lehrer Eckhardt, ist die Scheidestunde gekommen. Schon im November 1923 teilte mir die Regierung zu Wiesbaden mit: "Da Sie am 27. 1. 1924 das 65. Lebensjahr vollenden werden, treten Sie auf Grund des Gesetzes vom 15. Dezember 1920 zum 1. April 1924 in den Ruhestand". 37 Jahre habe ich hier an der Arbeiterschule gewirkt. Ein blühendes Werk war Friedrichssegen, als ich bei der Gesellschaft des "Silber- und Bleibergwerks", die Trägerin der Schullasten war, eintrat. Heute sehen wir überall nur Trümmer vergangener Blütezeit. Möge sich für Friedrichssegen das Dichterwort bewahrheiten:

"Und neues Leben blüht aus den Ruinen".

Die Bevölkerung Friedrichssegens brachte dem sehr beliebten Lehrer ihren Dank dar, der in den Worten gipfelte:

" EHRE, WEM EHRE GEBÜHRT."

Neben der Verabschiedung von Herrn Lehrer Eckhardt in den wohlverdienten Ruhestand gibt es noch einiges mehr zu berichten. So schreibt der neue Schulchronist, Herr Lehrer Heep, zum Schuljahr 1924/1925 folgendes:
Auch im Schuljahr 1924/25 waren die Schulverhältnisse gleichmäßig unerfreulich. Friedrichssegen ist und bleibt Durchgangsort. Wer in Oberlahnstein sich unmöglich gemacht hat, wird polizeilich hierher verpflanzt. Wer aber anderwärts wieder eine Wohnung bekommen kann, flieht diesen Ort. Im vergangenen Schuljahr kehrten eine Reihe von so genannten "Regie"-Eisenbahnern wieder zurück und brachten der Schule ihre verwahrlosten Kinder wieder. Der Schulneubau lässt nach wie vor auf sich warten. Auf Antrag hat indessen die Schuldeputation den Schulneubau beschlossen, und der Magistrat hat dasselbe getan. Es schweben nunmehr Verhandlungen mit der Regierung über einen Staatszuschuss. Im Schuljahr 1925/26 fielen zur Kirmesfeier die Unterrichtstunden wieder von Samstag bis einschließlich Dienstag aus, weil der Schulsaal wieder einmal als Tanzsaal gebraucht wurde. In den Sommerferien besichtigten Herr Regierungsvizepräsident Scherer, Herr Landrat Niewöhner, Herr Schulrat Winter unter Führung von Herrn Stadtbaumeister Höfer die beiden Schulsäle, um die Notwendigkeit eines sofortigen Neubaues festzustellen. Die dringende Notwendigkeit wurde dabei erkannt und als Bauplatz die ehemalige Reitbahn unterhalb der Neuen Welt in Aussicht genommen. Herr Reg. Vizepräsident Scherer versprach, für die baldige Förderung des Neubauprojekts besorgt zu sein. In den letzten Augusttagen unternahm die Schule "Am Tagschacht" eine Reise nach Frankfurt/M.

Auch die Klasse in der Neuen Welt unternahm mehrere Ausflüge. Im Oktober teilte Herr Bürgermeister Dr. Weber in der Schuldeputationssitzung mit, dass der Schulneubau nun endgültig gesichert sei. Die Regierung habe einen Zuschuss von 15 000 Mark zugesagt, und 3 500 M könne die Stadt im Wege des Kredits zu annehmbaren Bedingungen im Frühjahr 1926 von der Nassauischen Landesbank erhalten. Im Frühjahr 1926 werde mit dem Bau begonnen. Der Chronist, Herr Lehrer Heep, hatte in der Sitzung nach der Bekanntgabe des baldigen Baubeginnes den Ausspruch getan:

"Die Botschaft hör` ich wohl, allein mir fehlt der Glaube".

Der Ausspruch fand seine Berechtigung. Ein neues "Schulprojekt" ist aufgetaucht. Herr Multhaupt - Haus Jungfried - hat die neu erbaute, noch im Rohbau stehende Autogarage am Eingang zum Süßgrund der Stadt Oberlahnstein angeboten. Sofort ist der Schulneubau in der Versenkung untergetaucht, und die städtischen Behörden ereifern sich für das neue Projekt. Die Garage als Schule hat schwere Bedenken. Zwar sind 2 schöne Wohnungen vorhanden, die respektablen Lehrerwohnungen abgäben, allein die Räume der Garage zu Schulräumen umgewandelt ergäben 2 Räume im Ausmaß von 8 x 4 m, also sehr schmale Säle. In der Hauptsache aber spricht gegen das Projekt der weite Weg (50 Minuten), den die Kinder des Tagschachtes täglich 2 x zurücklegen müssten. Trotz dieser Bedenken hat sich Schulrat Winter nach Besichtigung des Gebäudes am 8. Dezember 1925 für Annahme des Projektes entschieden, auch Magistrat und Schuldeputation haben demgemäß beschlossen und den Plan der Regierung zur Genehmigung vorgelegt.

Am 8. Dezember revidierte Schulrat Winter auch die Schule am Tagschacht Die Arbeitslosigkeit hat mit Einbruch des Winters ein großes Ausmaß angenommen. Das sieht man auch daran, das unter 50 Kindern der Schule am Tagschacht nur 8 sind, deren Väter arbeiten. Am 28 Januar 1926 besuchte Herr Oberregierungs-Schulrat Dr. Liese in Begleitung von Herrn Schulrat Winter die Schule in der Neuen Welt und am Tagschacht. Ende Januar 1926 fand auf Antrag der Lehrpersonen eine ärztliche Untersuchung der Schulkinder durch Herrn Dr. Schnell - Oberlahnstein - statt, die bezüglich des Gesundheitszustandes der Kinder und auch, weil die Kinder, bezüglich ihrer Reinlichkeit usw. entsetzliche Zustände zutage treten ließen. Am schlimmsten war das Ergebnis der Schule am Tagschacht, wo 65 % als Tuberkulose belastet oder TBC-gefährdet und 75 % als körperlich schmutzig bezeichnet wurden. Unerwähnt sind hier die zahlreichen Feststellungen von Schwachsinn, Drüsenerkrankungen usw. Eine im Laufe des Monats Februar 1926 vorgenommene Kreisärztliche Untersuchung bestätigte im allgemeinen die Feststellungen des Herrn Dr. Schnell. Herr Med. Rat Dr. Klein erklärte, dass in Friedrichssegen der Gesundheitszustand der Schulkinder am schlechtesten sei von allen Gemeinden des Kreises. Zur Besserung des Gesundheitszustandes der Kinder wurde eine Schulspeisung eingerichtet, bei der Milch und Kakao verabreicht wurden. Es wurden zunächst 20 Kinder in Kur geschickt. Weitere Verschickungen sollen folgen.

Ende Februar 1926 fand eine kreisärztliche Untersuchung der Schulräume usw. statt mit dem Ergebnis, dass dieselben nicht im entferntesten nur den primitivsten Anforderungen genügen.
Ende April 1926 brachen "Am Tagschacht" die ansteckenden Wasserpocken aus, die eine Reihe von Kindern, besonders die der Unterstufe, erfasste und meist unter böser Fieberbegleitung längere Zeit aus der Schule entfernte.

Unser armer Schulneubau!

Immer dann, wenn wir ihn fast erreicht haben, entfernen wir uns wieder von ihm weiter denn je. So ist es auch diesmal wieder. Nachdem die Regierung das Projekt der Garage genehmigt und gar einen Zuschuss vom 15 000 Mark dazu bewilligt hat, ist es von der Stadtverordnetenversammlung Oberlahnstein abgelehnt worden. Nun taucht wieder einmal der Plan eines Schulpavillons auf, der in der Nähe der Kirche errichtet werden soll. Das ehemalige Kasino, in dem ich bereits 4 Jahre wohne, soll zu Lehrerdienstwohnungen ausgebaut werden. Über die Aussichten dieses Planes Prophet zu werden, ist eine undankbare Aufgabe. Lehrer Hugo Heeps Gesundheit war durch die Schulmisere so stark angegriffen, dass er längere Zeit erkrankte. Als Vertreter wurde sein Bruder Emil, ebenfalls Lehrer, mit der Vertretung beauftragt.

Am 16. 11. 1926 nahm Lehrer Hugo Heep die Lehrtätigkeit wieder auf. Ebenfalls am 16. 11. 1926 ist in einer Übersicht über die Schulverhältnisse im Regierungsbezirk Wiesbaden 1926 zu lesen: Neubau einer zweiklassigen Schule mit zwei Lehrerwohnungen in Friedrichssegen für 70 000 Mark erforderlich.
Begründung:

Die bisherigen Klassen sind getrennt untergebracht. Die eine befindet sich im Wirtshaussaal, die andere in einem Arbeiterwohnhaus. Da die jetzigen Verhältnisse unhaltbar sind, muss unbedingt zum Neubau geschritten werden. Die Gewährung eines möglichst hohen Staatsdarlehns ist, um diesen Bau endlich herstellen zu können, sehr dringend erforderlich. Auch ist die Gewährung einer Baubeihilfe sehr dringend erwünscht. Die Stadt  Oberlahnstein ist leistungsschwach, sie hat jährlich für das städtische Gymnasium etwa 80 000 Mark aus eigenen Mitteln aufzubringen. Die Schularbeit während des Winterhalbjahres jedoch war besonders mühsam durch die vielen Versäumnisse durch Erholungskuren und Krankheiten. Am 13. März 1927 weilte wieder einmal eine Kommission hier, bestehend aus den Herren Oberregierungsrat Bieser, Regierungsrat Dr. Pank, Regierungsbaurat Poppendieck, Schulrat Böhringer, Landrat Niewöhner, Kreisbaumeister Christe, Bürgermeister  Dr. Weber, Stadtbaumeister Höfer, Mag.Schöffe Laveth, die Stadtverordneten Breitscheid und Casper sowie Konrektor Schmidt, desgl. Herr Lehrer i.R. Eckhardt und Vorsitzender des Bürgervereins Teck von hier und auch Lehrer Heep, um - wie man sagte endlich einmal die leidige Schulneubauangelegenheit einer Lösung zuzuführen. Nach eingehender Besichtigung der ganzen Kolonie fand eine ebenso eingehende Aussprache in der Wirtschaft Arnold statt in deren Verlauf der Schulbaudezernent, Herr Dr. Pank, der, wie er sagte , von den Zuständen "geradezu erschüttert" war, einen Neubau als allgemeine Lösung forderte, wozu er einen Regierungszuschuss vom 20 000 RM in Aussicht stellte. Den Vertretern der Gemeinde wurde sehr deutlich zu verstehen gegeben, dass die Regierung diesmal auch vor Zwangsmaßnahmen nicht zurückschrecken werde. "OBS NUN HILFT" ???

 Mit dem 21. April 1927 nahm das Schuljahr seinen Anfang.

Für die Schule am Tagschacht jedoch unter gänzlich veränderten Verhältnissen. Am 15. März 1927 hatte der Vermieter des Schulsaales, Gastwirt Arnold, der Stadt den Saal gekündigt, weil er dachte, damit seine Mietforderung von 50 RM auf 80 RM monatlich erhöhen zu können. Diesmal war das aber eine falsche Rechnung. Im Januar 1927 war nämlich durch Wegzug einer Eisenbahnerfamilie der 1. Stock des städtischen Wohnhauses "Casino" in dem auch die Wohnung des Lehrers Heep liegt, frei geworden. Der Magistrat trat an Lehrer Heep heran mit der Anfrage, ob ihm eine Verlegung der Schule genehm sei. Trotz großer Bedenken hat sich Lehrer Heep einverstanden erklärt, allerdings mit der Einschränkung, dass es sich nur um eine vorübergehende Einrichtung handeln dürfe. Das Kasino mit seinem vollständig morschen Fundament wird niemals, auch wenn es gemeindeeigen ist, eine endgültige Schule werden. Außerdem ist es bereits 1920 einmal von der Regierung als zum Schulbau ungeeignet abgelehnt worden. Die "Herrichtung" des Kasinos war schnell geschehen. Eine Wand zwischen zwei Zimmern wurde durchbrochen, der faule Fußboden notdürftig ausgebessert, die Wände gestrichen, draußen aus Brettern 3 Abortzellen und ein Pissoir an die Wand geklebt, - und schon war man in Oberlahnstein seiner Schulsorgen wieder ledig. Ein Vorteil gegen früher ist allerdings festzustellen: Es braucht nicht immer und immer wieder geräumt zu werden! Zur Entlastung des Lehrers Heep wurde eine Hilfslehrerstelle an der "Schule im Kasino" eingerichtet. Hierzu ist noch zu erwähnen, dass es derzeit nicht möglich war, die Hilfslehrer in Friedrichssegen wohnlich unterzubringen. Das führte dazu, dass zwei nach Friedrichssegen berufene Hilfslehrerinnen in benachbarten Orten untergebracht werden musste. Dieser Umstand führte dann auch dazu, dass sich diese Hilfslehrerinnen alsbald wieder von Friedrichssegen verabschiedeten. Dies wurde erst anders mit dem dann berufenen Hilfslehrer Schneider, dem nachmaligen langjährigen Lehrer in Miellen.

Nun konnte endlich die bisher einklassige in eine zweiklassige Schule umgewandelt werden. Zu Beginn des Winterhalbjahres hat die Schulspeisung in der üblichen Form wieder begonnen. Erholungskuren haben den ganzen Sommer angedauert und sind

vorläufig beendet. Der Aufenthalt im nassen Kasino, das auch durch einen erbärmlichen Ofen kaum erwärmt wird, ist keine Freude. Es wäre wahrlich an der Zeit, zu anderen Verhältnissen zu kommen. Die Erwerbslosigkeit ist wieder außerordentlich stark. Kaum ein Viertel arbeitet noch. Wohin soll das bloß noch führen ! Mit dem 17. April 1928 begann nach Aufnahme der Neulinge das neue Schuljahr. Die drückende Not wirkt sich bei der Beschaffung der Schulbücher und Hefte so aus, dass mehr als die Hälfte aller Schulbücher von der Schule gestellt werden müssen. Ja, man glaubt`s schon nicht mehr, und spätere Leser werden den Kopf schütteln über die Hartnäckigkeit mit der dieser Kampf geführt wird. Im vergangenen Jahre war der Neubau soweit gesichert, der Platz unter der Neuen Welt auf der Reitbahn festgelegt, bis Herr Multhaupt ihn uns verweigerte, weil er ihn zu seinem Grubenbetrieb brauche(?).

Eine neue Kommission, bestehend aus den Herren Reg. Rat Dr. Pank, Reg. u. Baurat Blümerl, Landrat, Schulrat, Kreisarzt, Bürgermeister, Baumeister und Lehrer Heep und unter Beisein des Diezer Bergrates legte dann nolens - volens den Platz an der ehemaligen Gasanstalt als Bauplatz fest. Wahrlich kein Ideal ! Jetzt, sobald die Bauperiode begänne, sollte angefangen werden. Aber, wie immer, man hört nichts! Der Magistrat, insbesondere die Stadtverordnetenversammlung, denken gar nicht daran für dieses Stiefkind Friedrichssegen etwas wirklich durchgreifendes zu tun.

Etwa seit dem 15. Mai 1928 hatte Lehrer Heep mit Genehmigung des Schulrats einen zweiten "Schulsaal" geschaffen, und zwar in der ehemaligen Kirche. In dieser ehemaligen Kirche fehlt jeglicher Inventar. Der Fußboden fehlt zum Teil, zum Teil ist er sehr verschmutzt. Um während der heißen Tage nicht die Kinder und Lehrer der Unterstufe in der Nachmittagshitze beschäftigen zu müssen, haben wir den Fußboden der Kirche einmal gründlich gereinigt, dann Schulbänke, Tafel, Tisch und Stuhl hinaufgefahren und seitdem die Kirche als Sommerschulraum für die Oberstufe benutzt. An warmen und trockenen Tagen ist sie ja die reinste Waldschule. Wehe aber, wenn schlechtes Wetter eintritt! Dann regnets schief zu den Fenstern herein, und es bleibt nichts übrig, als hinten unter die ehemalige Empore umzuziehen, wo wegen des dort herrschenden Dämmerlichtes allerdings nur mündlicher Unterricht ohne Benutzung von Büchern möglich ist. Und grausam zieht`s an solchen Tagen da oben, so stark, dass die Kinder sich Mäntel mitbringen, mitten im Sommer! Es ist ein fürchterliches Schulelend! Fast zum Verzweifeln!Bereits zu Jahresbeginn war vom Magistrat versucht worden, das Kasino (Schule und Lehrerwohnung) etwas zu renovieren und es als endgültigen Schulbau anerkannt zu erhalten. Dank des Eingreifens der Herren Reg. Rat Dr. Pank und Reg. Baurat Blümel wurde dieser Plan vereitelt. Aber gleich nach den Sommerferien begann der Magistrat auf eigene Faust mit den Arbeiten zu dem offenbaren Zwecke nach der Reparatur die Anerkennung als Schulgebäude zu erreichen. Durch einen Wanddurchbruch im hinteren Teil des Hauses sollte außerdem ein zweiter Schulsaal geschaffen werden. Die brüchige Wand wurde abgerissen, das ganze Gebäude aufgesperrt um die mit Gebäudeschwamm durchzogene Hausschwelle herauszunehmen usw.

Die neue Schule


Die neue Schule 1929


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Erweiterung der Schule 1961

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Fotos ©EmaeS
Die Schule von Friedrichssegen im Oktober 2005

In dieser Not kam plötzlich eine unerwartete Hilfe. Herr Reichsinnenminister Severing weilte Ende August zur Kur in Bad Ems. Lehrer Heep bat, als er dies erfuhr, Herrn Bürgermeister Dr. Weber sich wegen Reichshilfe mit Herrn Severing in Verbindung zu setzten. Er lehnte das für sich ab, ermächtigte Lehrer Heep dazu, gab als Sachverständigen Herrn Hoppe vom Stadtbauamt mit und riet ihm, sich der Vermittlung des Gewerkschaftsekretärs und Magistratsschöffen Lavet zu bedienen. Dieser brachte durch Telefonanruf eine Besprechung zustande, die zwischen Herrn Severing und den Herren Laveth, Hoppe und Leherer Heep im Kurhaus in Bad Ems stattfand.

Herr Minister Severing erklärte sich bereit, die Kolonie Friedrichssegen und insbesondere die Schulverhältnisse persönlich einzusehen, was 2 Tage später, Samstag den 1. September, geschah. Kurz nach 5 Uhr traf der Minister, begleitet von den Herren Laveth und Hoppe im Auto am Tagschacht ein, wo er von den Lehrern Heep und Schneider empfangen wurde. Er besichtigte darauf eingehend und mit viel Interesse die ganze Kolonie, u.a. einige Wohnräume in den städtischen Wohnhäusern am Tagschacht und im Zentralbüro, insbesondere aber den unglaublichen Zustand der Schule und der Lehrerwohnung im Kasino, die verwahrloste Kirche als Notschule und endlich den ganz ungenügendem Schulraum in der Neuen Welt. Die Führung im oberen Teile hat Herr Lehrer Heep, im unteren Teile Herr Lehrer Jährling übernommen.

Am Schulraum in der Neuen Welt fand die Besichtigung ihr Ende. Das Ergebnis für den Herrn Minister war erschütternd, wofür sein drastischer Ausdruck beim Abschiede ein Beweis war:" und dass ein Donnerwetter hineinfahren wird, darauf können Sie sich verlassen". Um diese Schulverhältnisse der Nachwelt zu erhalten, hat Herr Lehrer Schneider 4 Aufnahmen gemacht, deren erste das Kasino in "Reparatur" (Seite 298) zeigt und deren andere uns die "Waldschule" (Seite 305) sehen lassen. Hoffentlich hat uns der Besuch des Ministers die Wendung zum Besseren gebracht, so Lehrer Heep in der Schulchronik. In dieser Zuversicht habe ich meine Wahl in den Schulverband Bad Ems zum 1. November 1927 rückgängig gemacht. Die Folgen des Ministerbesuches zeigten sich eher, als man dachte.

Anfang November 1927 wurde mitgeteilt, dass Vertreter des preußischen Kultusministeriums unsere Verhältnisse besichtigen würden. Am 17 November fand diese Besichtigung statt. An ihr nahmen teil: Vom Ministerium die Herren Min.-Dirigent Dr. Wende, Min.-Rat Dr. Frank und Oberreg.-Rat Dr. Henschen, von der Wiesbadener Regierung die Herren Reg.-Direktor Gericke, Reg.-Rat Dr. Pank, die Oberreg.- und Bauräte Blümel und Poppendick, vom Kreise die Herren Schulrat Böhringer, Landrat Niewöhner und Kreisbaumeister Christe, vom Magistrat die Herren Bürgermeister Dr. Weber, Magistratsmitglieder Laveth, Sabelberg, Geil und Stadtbaumeister Höfer und die Lehrer Schneider, Jährling und Heep.

Die Besichtigung und anschließende Besprechung verliefen teilweise sehr dramatisch, insbesondere wurden von Herrn Dr. Wende der Stadt ihre schweren Unterlassungssünden sehr scharf zum Vorwurf gemacht und schnellste Abhilfe zur Pflicht gemacht.

Noch am gleichen Tage wurde in einer eiligen Stadtverordnetensitzung der Schulneubau mit einer Mehrheit von einer einzigen Stimme beschlossen!!!

Nach allen Enttäuschungen der letzten Jahre sind wir doch jetzt froher Hoffnung. Während des Winter haben wir auch wieder Schulspeisung wie in den vergangenen Jahren, eine segensreiche Einrichtung für die armen Kinder im kalten Winter. Am 27. März 1928 schloß das an Ereignissen so reiche Schuljahr.

Das Schuljahr 1928/1929 begann am 10. April 1928 jedoch ohne Herrn Lehrer Schneider, der zwischenzeitlich nach Miellen berufen worden war. Für ihn übernahm Herr Lehrer Linn ab 25. April 1928 die Lehrtätigkeit in Friedrichssegen.

Durch die Stillegung der Multhauptschen Aufbereitung war es möglich, vor Beginn der Bauperiode noch den ursprünglich vorgesehenen Bauplatz auf der Reitbahn unterhalb der Neuen Welt zu erwerben. Ein idealer Bauplatz! Endlich am 6. Mai 1928 ist das Wunder geschehen!

Nach all den langen Ausschreibungen der Arbeiten hat die Baufirma Gebrüder Leickert - Oberlahnstein - eine Bauhütte errichtet und mit den Ausschachtungen begonnen. Also die neue Schule ist im Werden. Sie schritt fürder rüstig fort. Es sieht aus, als ob man die Versäumnisse der letzten Jahre durch doppelten Eifer wieder gutmachen wollte. Bereits am Tag vor den Sommerferien konnte der grüne, bandgeschmückte Baum als Zeichen des "Richtfestes" auf den First gesetzt werden. Das Richtfest wurde dann auch zur Freude insbesondere der Handwerker in ausreichender Weise bei Wirges im Saale gefeiert.

Es ist bestimmt damit zu rechnen, daß vor Anfang des Winters noch der Einzug in die neue Schule geschehen kann. Noch bevor die neue Schule fertig gestellt wurde, hat die Einwohnerschaft von Friedrichssegen den Antrag eingebracht anlässlich der Verdienste, die sich Reichsinnenminister Severing um den Bau der Schule in Friedrichssegen erworben habe, dieser den Namen Severingschule zu geben.

So zu lesen in der Rheinisch-Nassauischen Tageszeitung vom 7. September 1929. Herr Lehrer Jährling hat in sehr anerkennenswerter, fleißiger Arbeit vieler Tage den Anfang zu einer Schwimmanlage gemacht und ebenso einen Aussichtspunkt auf der Früchter Höhe erschlossen, den man seitdem "JÄHRLINGSKÖPFCHEN" nennt.

Zwischenzeitlich sind die neuen Lehrerwohnungen bereits fertiggestellt worden, so dass der Umzug ins herrliche, neue Heim am 7. und 8. November 1929 vor sich gehen konnte. Was es heißt, eine anständige Wohnung zu haben, kann nur der ermessen, der in einer so schlimmen, wie im Kasino, hat 6 lange Jahre leben müssen schreibt Lehrer Heep in die Schulchronik.

Die Schulräume wurden etwas später fertig. Endlich kam auch die neue Einrichtung an und dann konnte am 17. Dezember 1929 die feierliche Weihe und Übergabe des Gebäudes geschehen. Es kamen viele Gäste, darunter auch einige, die hier immer wieder genannt wurden, wenn Verhandlungen zur Planung und zum Bau der Schule Friedrichssegen getätigt wurden.

Wie die Schulhaus-Einweihung in Friedrichssegen ablief, entnehmen wir dem Bericht der Rheinisch-Nassauischen Tageszeitung vom 18. Dezember 1929:

Wenn der gestrige Tag auch nicht gerade geeignet war, heitere Stimmung aufkommen zu lassen, für Friedrichssegen war es ein Festtag erster Ordnung. Der Schulneubau, um den die Friedrichssegener 9 Jahre gekämpft haben, ist fertig gestellt und gestern seiner Bestimmung übergeben worden. Trotz des stürmischen Wetters hatte sich neben einer Reihe geladener Gäste ein großer Teil der Bevölkerung Friedrichssegens eingefunden, um die bedeutungsvolle Stunde mit ihren Kindern, die klassenweise bei ihren Lehrern standen, mi tzu begehen. Pünktlich um 3 Uhr erschienen vor dem Schulhaus, das idyllisch in einem Waldwinkel zwischen Bahnhof und Hütte liegt, die Gäste in Autos und Omnibus. Unter ihnen befanden sich Landrat Niewöhner, Kreisschulrat Böhringer, Kreisbau-meister Christe, Stadtverordnete der Stadt Oberlahnstein, Pfarrer Lehnhäuser von Braubach u. a. Bevor sich der Festzug von der alten Schule zur neuen bewegte, sang ein Schülerchor ein geistliches und ein Abschiedslied, während Herr Lehrer Eckhardt in einer Ansprache die Gäste begrüßte und die Notwendigkeit einer neuen Schule und den jahrelangen Kampf um sie darlegte. Dann zogen die Gäste, Schüler und Lehrer zu dem neuen Bau, der nunmehr dem ganzen Orte ein freundliches Gesicht verleiht. Der Übergabeakt vollzog sich wegen des stark einsetzenden Regens im Inneren des Schulhauses. Bürgermeister Dr. Weber erinnerte in seiner Ansprache an die langwierigen Vorarbeiten, die sich von wenigen Eingaben im Anfang zu umfangreichen Bänden entwickelten, bis schließlich nach verschiedenen verworfenen Projekten der Bau begonnen werden konnte. Wenn den städtischen Körperschaften der Vorwurf der Verschleppung gemacht worden sei, so sei das falsch gewesen. Die Stadt Oberlahnstein habe immer den guten Willen gehabt, aber die schwierigen Finanzverhältnisse ließen einen früheren Baubeginn nicht zu. Der Bau sei aber auch nur möglich gewesen, dass Oberlahnstein von der Regierung in Wiesbaden tatkräftig unterstützt worden sei. Minister Severing, der von der Notlage überzeugt war und in Berlin darauf gedrungen hat, dass geholfen werde, habe sich ein großes Verdienst um die Schule erworben. Dr. Weber sprach Landrat Niewöhner und dem Kreisschulinspektor Böhringer seinen Dank aus, insbesondere für den Zuschuss, ohne den der Bau nicht hätte erstellt werden können. Sein Dank galt vor allem auch dem Architekten Stadtbaumeister Höfer, für zweckmäßige und künstlerische Ausgestaltung des Baues und allen seinen Mitarbeitern, dem Bauherrn und den Handwerkern. Redner wandte sich dann an die Lehrer und beglückwünschte sie zu dem schönen Bauwerk. Gerade in dieser schwierigen Zeit sei es notwendig, die kulturellen Dinge mehr zu fördern als je. Es müsse alles getan werden, um die Seelen unserer Kinder zu hüten. In diesem Sinne, so führte Redner aus, darf ich Ihnen, meine Herren Lehrer, diesen Bau übergeben.

Nach Bürgermeister Dr. Weber sprach Landrat Niewöhner. Auch er hob die großen Schwierigkeiten hervor, die zu überwinden waren. Er sollte besonders der Regierung in Wiesbaden Anerkennung für die ihm geleistete Unterstützung. Minister Severing habe die letzten finanziellen Schwierigkeiten behoben. Mit Recht habe die Bevölkerung Friedrichssegens auf einen Schulneubau gedrängt und ich glaube, so führte Landrat Niewöhner aus, dass die Bevölkerung Friedrichssegens mit Freude erfüllt ist, dass ihre Kinder nunmehr in den schönen Schulräumen unterrichtet werden können.

Und zu den Kindern gewandt sprach er die Hoffnung aus, dass die Kinder diese Schule gerne besuchen und ihren tüchtigen und eifrigen Lehrern Freude bereiten mögen. Kreisschulrat Böhringer gab ebenfalls seiner Freude Ausdruck über den schönen Bau, der nunmehr den Kindern Friedrichssegens zugute komme und wünschte, dass das Band zwischen Lehrer, Eltern und Schüler noch fester geschlungen werde. Redner beglückwünschte die Stadt Oberlahnstein und ihren Bürgermeister zu der Einweihung und überbrachte die herzlichsten Glückwünsche des Regierungspräsidenten. Er bewunderte die Lehrer, dass sie in den alten muffigen Räumen ohne Murren ihren schweren Dienst verrichtet hätten. Schließlich wünschte er, dass die Schüler Friedrichssegens den schönen Wandschmuck, den sie immer besessen hätten und den schönen Gesang, der im ganzen Kreise Anerkennung finde, mit in die neue Schule nehmen und pflegen mögen. Mit einem Ausspruchs Pestalozzis schloss Schulrat Böhringer seine Ausführungen. Lehrer Heep gab seiner Freude Ausdruck, dass nunmehr das hohe Ziel erstrebt sei, das er seit seinem Amtsantritt mit Eifer verfolgt habe. Er schilderte die Leidenszeit von Schüler und Lehrer in den alten Schulräumen und dankte zunächst dem Bauherrn, der Regierung in Wiesbaden, Herrn Kreisschulrat Böhringer, Herrn Landrat Niewöhner, der Gemeinde Oberlahnstein und allen, die sich um den Bau verdient gemachten haben.

Ganz besonderen Dank stattete der Redner Minister Severing ab, dem schließlich die rasche Vollendung des Baues zu verdanken sei. Aus Dankbarkeit werde die Schule im Schuleingang das Bild des Ministers anbringen lassen. Schließlich gab Lehrer Heep das Gelöbnis, weiter zu arbeiten zum Wohle der Schule. Und zu den Kindern gewandt, bat er diese, ihn und ihre Lehrer durch gutes Betragen, Fleiß und Aufmerksamkeit zu unterstützen. Schließlich gedacht der Redner noch des befreiten Lahntals und ließ seine Ausführungen ausklingen in einen vom gemischten Schülerchor vorgetragenen Befreiungslied.

Der offizielle Teil der Feier hatte damit sein Ende gefunden. Es folgte ein Rundgang durch die Schulräume, die neuzeitlich und zweckmäßig ausgestattet sind. Die Kinder erhielten zur Feier des Tages von der Schule Brezeln zum Geschenk. Im Anschluss an die Einweihung begaben sich die Gäste in das Bahnhofsrestaurant Wirges, zu einem internen gemütlichen Beisammensein, das einen recht harmonischen Verlauf nahm.

Das diese neue Schule in Friedrichssegen erstehen konnte ist nur dem unbändigen Einsatz , der oft auch die Gesundheit leiden ließ, des Herrn Lehrer Hugo Heep zu verdanken. Es haben ja auch alle Redner Reichsinnenminister Severing gedankt, der wohl doch nur Kraft seiner Kompetenz allen beteiligten Stellen eine schnellere Gangart empfahl, dass letztlich und endlich die schlimmen Schulverhältnisse in Friedrichssegen beseitigt wurden.

Der neue Schulbetrieb läuft sehr befriedigend ab. Die Oberstufe (6. - 8. Schuljahr) wird von Lehrer Hugo Heep, die Mittelstufe (3. - 5.) Schuljahr von Lehrer Jährling und die Unterstufe (1. u. 2. Schuljahr) wird von Lehrer Emil Heep, dem Bruder von Lehrer Hugo Heep übernommen.

Weil für den 3klassigen Betrieb jedoch nur 2 Säle zur Verfügung stehen, liegt der Unterricht der Unterstufe nachmittags.

Leider ist in diesem Winter keine Schulspeisung eingerichtet worden. (Die Mittel fehlen).

Am 31. 3. 1930 schloss der Schuljahr 1929/1930, das uns die Erfüllung so vieler, alter Wünsche brachte.

Schuljahr 1930/1931:

Beginn des neuen Schuljahres am 1. April 1930. Am 22. August 1930 wurden die Reichsjugendwettkämpfe für den Nordteil unseres Kreises hier auf unserem Schulplatze abgehalten. Morgens 1/2 8 Uhr waren in den Schulsälen Gottesdienste für beide Konfessionen, anschließend begannen die Freiübungen unter Musikbegleitung, darauf die Wettkämpfe. Um 12 Uhr 30 waren die harmonisch verlaufenen Kämpfe beendet. Seit dem 1. September 1930 ist wieder allsonntäglicher Gottesdienst im Lehrsaal der Oberstufe, das erste Mal wieder seit 1925.

Der Gottesdienst wird abgehalten von Patres des Johannesklosters Niederlahnstein. Auch evangelische Gottesdienste finden, allerdings in größeren zeitlichen Abständen, durch Herrn Pfarrer Steinmetz - Frücht - statt.

In diesem Winter war wieder die Schulspeisung.

Das Wirken der Lehrer

Herr Hugo Heep war nicht nur Lehrer, sondern auch engagierter Bürger unseres Dorfes. Unter seiner Stabführung hat der Männer-Gesangverein "Eintracht" Friedrichssegen stolze Erfolge erringen können. Nie war die Sangesfreude nach dem 1. Weltkrieg so ausgeprägt, als zu der Zeit in der Lehrer Heep kostenlos den MGV Eintracht leitete. Die Weltwirtschaftkrise, von der Deutschland ganz besonders betroffen wird, hat in diesen Jahren erschreckende und ganz bedrohliche Formen angenommen. Von den Sparmaßnahmen, die auf allen Gebieten der Verwaltung usw. getroffen werden mussten, hat die Schule und der Lehrerstand den Löwenanteil tragen müssen. Der Winter kommt. Mit ihm wird die Not in Friedrichssegen ins Unermessliche steigen. Fast niemand mehr hat noch Arbeit, mit gekürzten, ganz unzulänglichen Unterstützungen sollen die erwerbslosen Familien den Notwinter überstehen. Die Lehrerschaft fasste den Entschluss, durch soziale Maßnahmen verschiedenster Art, die bittere Not lindern zu Helfen. Auf Vorschlag von Lehrer Hugo Heep erklärte sich der Kreisjugendpfleger bereit, zur Betreuung der jugendlichen Erwerbslosen so genannte Erwerbslosen-Fortbildungskurse hier einzurichten. Der Kursus wurde von Lehrer Hugo Heep übernommen. An ihm nahmen während des Winters durchschnittllich 30 Erwerbslose teil. An 2 Abenden in der Woche unterrichteten die Lehrer Kohlhof und Pflüger im Deutschen, Rechnen, Geschichte, Staatsbürgerkunde und hielten außerdem eine "aktuelle Stunde".

Ab 1. Februar 1932 trat für Herrn Lehrer Kohlhof, Lehrer Bücking ein. Auf Vermittlung der Bezirksjugendpflegerin fanden hier eine Reihe von Lichtbildervorträgen vor gefülltem Saale statt. Parallel zu diesem Kursus ging ein anderer für die weibliche Jugend. Von 2 Damen des katholischen Frauenbundes Oberlahnstein wurden die weiblichen Teilnehmer an 2 Nachmittagen im Nähen, Flicken und Schneidern unterwiesen. Das Verdienst der Errichtung dieses Kurses gebührt Fräulein Anna Müller - Oberlahnstein. Beide Kurse fanden im Schulsaal der Oberstufe statt. Weil wegen der großen Notlage wohl kaum zu Weihnachten in den Familien eine Bescherung sein kann, veranstaltete die Schule eine Weihnachtsfeier mit Bescherung. Durch Spenden insbesondere von Herrn Multhaupt und mit dem Ergebnis einer 2maligen Theatervorstellung des Kinderchores gelang es uns, mit etwa 500 RM allen Kindern eine sehr reichhaltige Bescherung zu machen. Die Feier musste als Familienfeier im Saale Wirges stattfinden und fand vor überfülltem Saale statt. Die Patres des Johannesklosters hatten mit Unterstützung der Schule am 6. Dezember eine Nikolausbescherung für alle Schulkinder veranstaltet. Während des ganzen Winters gelang es uns, Kleider, Schuhe und Wäsche in großer Menge unter die Bewohner zu verteilen, mehrmals auch Lebensmittel. Anfangs Januar 1932 konnten wir aus gesammelten Beträgen 120 Zentner Briketts unter die Bewohner verteilen. Zu all diesen innerörtlichen sozialen Maßnahmen kam hinzu, dass der Winter 1930 auf 1931 ein milder Winter war und so ist es rückblickend fast als ein Wunder anzuschauen, dass es gelungen ist, trotz der drückensten Not das deutsche Volk über diesen Winter zu bringen, ohne dass es zu nennenswerten Unruhen gekommen ist. Hier in Friedrichssegen hört man allgemein sagen, dass kaum ein mal ein Winter so leicht vergangen sei wie der letzte, dank der umfassenden Fürsorge

Mit Hilfe von Unterstützungen, die uns von der "Frankfurter Zeitung" zugegangen waren, sowie solchen von Herrn Multhaupt und Fräulein Schlaadt - Oberlahnstein - waren wir in der Lage, von der Schule aus den allergrößten Anteil der Schulbücher zu beschaffen. Es wäre auch anders nicht gegangen, denn von Abnahme der Arbeitslosigkeit ist nicht zu bemerken. Das Winterhalbjahr beginnt am 12. 10. 1932 wenig versprechend. Den Beschlüssen einer Erwerbslosenversammlung in Oberlahnstein folgend, inszenierten die Kommunisten hier einen Schulstreik. Zwar folgten "nur" 40 Kinder der Parole, jedoch war der Unterricht dadurch in den ersten 3 Tagen wertlos. Dann war die Ruhe wieder hergestellt. Die Erwerbslosigkeit ist allgemein. Die Schulversäumnisse nehmen zu, vor allem wegen Schuh- und Kleidermangels. Durch namhafte Spenden des Hauses Multhaupt und des Tonwerks gelang es auch diesmal wieder, den Kindern noch eine herrliche Weihnachtsfeier, an der fast die gesamte Bevölkerung teilnahm, und eine reiche Bescherung zu veranstalten.

Die Grippeepidemie, die ganz Deutschland heimsuchte, machte auch hier nicht Halt; sie breitete sich vielmehr so schnell aus, dass innerhalb weniger Tage außer Lehrer Becher auch 42 % der Schüler daran erkrankten und auf kreisärztliche Anordnung vom 6. Februar bis 11. Februar 1933 die Schule geschlossen war. Hier wollen wir das Kapitel Schulen in Friedrichssegen schließen Das Berichtenswerte über die Schule ist in die normale Zeitabfolge eingebunden.


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